„Wie war zu Köln es doch vordem, mit Heinzelmännchen so bequem“, so beginnt die bekannte Geschichte von den Heinzelmännchen, jenen winzigen Gesellen, die des Nachts in aller Stille fleißig gute Taten vollbrachten. Die treuen Helfer verschwanden aber wie vom Erdboden und kehrten nie wieder zurück, nachdem des Schneiders Weib in ihrer Neugier Erbsen ausstreute, über die die kleinen Wichte purzelten.
Doch die Heinzelmännchen stammen gar nicht aus Köln, wie es die Geschichte suggeriert. Ihre Heimat liegt in dem beschaulichen Städtchen Eilenburg am Ufer der Mulde. Einst lebten sie dort in einem riesigen unterirdischen Labyrinth unter der Burg und der Stadt Eilenburg, so erzählt es die Sage. Dieses Labyrinth gibt es tatsächlich: ein gigantisches Tunnel- und Kellersystem aus Ziegelsteinen. Neugierig macht sich Janine Strahl-Oesterreich auf den Weg, um die Geheimnisse der Eilenburger Heinzelmännchen zu ergründen. Sie will die ganze Wahrheit über Herkunft, Leben und Wirken der sagenhaften, scheuen Wesen erkunden und macht ganz erstaunliche Entdeckungen. Ein Findling mit einer mysteriösen Inschrift legt nahe, dass die Heinzelmännchensage schon im 13. Jahrhundert in Eilenburg kursierte. Einiges spricht dafür, dass die bekannten Heinzelmännchen im Grunde der sorbischen Sagenwelt entspringen, denn auch die Sorben, die früher die Eilenburger Gegend besiedelten, erzählten sich von kleinen Zauberwesen, die sie Lutki, die Leutchen nannten.

Die Sendung lief im MDR Fernsehen am 1. Januar 2016

Heinzelmännchen in Eilenburg

Feature MDR FIGARO 12.12.2015

Weil er dem Flüchtlings-Sterben im Mittelmeer nicht länger tatenlos zusehen wollte, hat der Brandenburger Unternehmer Harald Höppner mit Freunden das Projekt „Sea-Watch“ initiiert. Mit einem umgebauten Fischkutter leisten er und seine Crew seit Juni 2015 Nothilfe vor der Libyschen Küste. Autorin Heidi Mühlenberg hat die private Rettungsinitiative begleitet.

Es gibt auch Leute, denen das nahegeht und die sich dafür einsetzen möchten, die nicht fragen, ob oder wie viele Flüchtlinge jetzt nach Deutschland und nach Europa kommen, die sagen: Eh, wir möchten nicht, dass sowas nochmal passiert und wir möchten nicht, dass die Leute sterben. Wie wir sie dann verteilen und unterbringen, ist die nächste Frage. Die erste Frage ist erstmal: Leben retten. Fertig.

Harald Höppner

Die Sea Watch Crew besteht aus Freiwilligen, die für den jeweils zweiwöchigen Einsatz ihren Urlaub opfern. Die Berufe reichen von Arzt, Kapitän, Bordmechaniker, Feuerwehrmann bis zum Segelschul-Lehrer. Harald Höppner nennt sein Schiff eine schwimmende Telefonzelle mit Erste-Hilfe-Kasten. Die „Sea-Watch“ ist mit modernster Kommunikations- und Navigationstechnik und Medikamenten ausgestattet, hat aufblasbare Rettungsinseln, Rettungswesten und Trinkwasser an Bord. Trifft die „Sea-Watch“ auf ein Flüchtlingsboot, nehmen die Helfer vom kleineren Schnellboot aus den Erstkontakt mit den Flüchtlingen auf, verteilen Rettungswesten und Trinkwasser. Dieser Vorgang ist heikel. Wenn bei den Flüchtlingen Panik ausbricht, kann das Boot schnell kentern. Nach der Sichtung wird die Leitstelle für Seenotrettung (MRCC) in Rom informiert und ein größeres Schiff zur Bergung der Menschen angefordert.

Am Ende sind es 112, die aus dem Schlauchboot von vielleicht zwölf Metern Länge klettern. Beim Anblick des leeren Bootes kann ich das nicht fassen. Die Luftkammern sind leck, nur Stunden und das Boot wäre ein Opfer der Wellen. Als die Seeleute das Wrack genauer untersuchen, entdecken sie etwas Ungeheures: Die Schleuser hatten ihren „Kunden“ kein Benzin in die Reservetanks gefüllt, sondern ein unbrauchbares Gemisch aus Salzwasser, Chemikalien und Diesel. Niemals wären die Flüchtlinge damit lebend angekommen. Das Boot war ein schwimmender Sarg.

Heidi Mühlenberg: Alles ist besser als Wegschauen

Link zum MDR:

http://www.mdr.de/mdr-figaro/hoerspiel/feature/feature-harald-hoeppner100.html

MDR FERNSEHEN 22.05.2015

Der Sage nach ließ der Merseburger Bischof Thilo von Trotha im 16. Jahrhundert seinen treuen Diener Hans hinrichten, weil er ihm einen wertvollen Ring gestohlen hatte. Ein Justizirrtum mit weitreichenden Folgen. Denn nicht der Kammerdiener war der Dieb, sondern ein Rabe. Ein Dachdecker fand Jahre später auf den Zinnen der Domkirche den vermissten goldenen Siegelring des Bischofs in einem Rabennest.

Soweit die Sage, doch wie wahrscheinlich ist das Ganze? Sind Raben den diebischen Elstern an krimineller Energie ebenbürtig. Klauen auch sie Schmuckstücke, obwohl die weder schmackhaft noch zur Fütterung der Jungen geeignet sind? Das will Janine Strahl-Oesterreich mit einem Experiment herausfinden. Dabei kommen ein Tiertrainer, ein goldener Ring und eine Kameradrohne im Innenhof des Merseburger Schlosses zum Einsatz.

Feature MDR FIGARO 28.03.2015

Eine Krankenkasse solidarisch, individuell und regional organisieren – geht das? Auf Gegenseitigkeit und Vertrauensbasis, ohne Staat? Ja! Gab es vor neun Jahren in Leipzig erst eine Artabana-Gruppe, sind es heute schon 13. Wer das erste Mal von „Artabana“ hört, reagiert ungläubig. Ein Leben ohne richtige Krankenversicherung? Geht das? Artabana ist eine Solidargemeinschaft, gegründet vor dreißig Jahren in der Schweiz, in Deutschland aktiv seit 1999. Derzeit existieren 250 Gruppen mit mehr als 2.100 Mitgliedern, viele in Ostdeutschland, „wo der solidarische Gedanke noch verwurzelt ist“, sagt Felicitas Gerull von Artabana Deutschland.

Artabanis zahlen einen frei gewählten Beitrag in die Solidarkasse ihrer Gruppe und schwören ganz altmodisch, einander im Krankheitsfall beizustehen. Die Grundsätze sind: Solidarität, Eigenverantwortung und Vertrauen im Sinne des uralten Knappschaftsgedankens, der seine Wurzeln im Bergbau des Erzgebirges hat. Aber wie reagiert der Staat mit der Sozialversicherungspflicht auf diese alternative Krankenkasse? Arbeitsagenturen, die ihren Klienten den Beitrag zu dieser alternativen Krankenkasse verweigern, sind nur eine der Herausforderungen, mit denen sich die Artabanis beschäftigen müssen. Die Autorin Heidi Mühlenberg versucht am Beispiel einer sächsischen Gruppe herauszufinden, ob das Prinzip der Solidargemeinschaft eine tatsächliche Alternative zu den herkömmlichen Krankenkassen ist.

Der Name „Artabana“ geht übrigens auf die biblische Geschichte der Heiligen Drei Königen zurück. Einer Legende nach soll Artaban der ‚Vierte Weise‘ gewesen sein, der sich jedoch zur Ankunft des Christkindes verspätete. Der Grund: Er begegnete auf seinem Weg nach Bethlehem immer wieder Menschen in Not, denen er half.

Link zur MDR Website:

http://www.mdr.de/mdr-figaro/hoerspiel/feature/artabana100.html

Europas Solar-Vision in Afrika – Das Desertec-Projekt in der afrikanischen Wüste

Ein Hörfunk-Feature von Heidi Mühlenberg

Am 16. Februar 2011 sendeten MDR-Kulturradio FIGARO und das Kulturradio vom rbb das 60-Minuten-Feature.  Inzwischen gabs dafür den Ernst-Schneider-Preis für Wirtschaftsjournalismus 2012.

Sie ist die mächtigste der irdischen Mächte und der himmlischen sowieso, die Sonne.
Die Azteken brachten ihrem Sonnengott Menschenopfer dar. Die Ägypter beteten Re an.
Die alten Griechen besangen Helios, der alles Irdische bescheint. Tag für Tag produziert die Sonne unglaubliche 386 Trillionen Megawatt Energie – und das schon seit über vier Milliarden Jahren. Und es spricht viel dafür, dass sie das auch in den nächsten vier Milliarden Jahren tut. Da sollte es eigentlich ein Leichtes sein, die paar hundert Gigawatt mit Solarstrom zu decken, die Europa heute an Strom verbraucht. Doch weit gefehlt, der Solar-Anteil ist verschwindend gering. Das ehrgeizige Desertec-Projekt will das ändern – und zwar in rekordverdächtiger Zeit. Zwölf große Europäische Konzerne und Geldhäuser wollen 400 Milliarden Euro investieren und binnen vierzig Jahren etwa eintausend solarthermische Kraftwerke in Afrikas Wüsten wuchten, die über Fernstromleitungen rund ein Sechstel des Europäischen Strombedarfs decken können – emissionsfrei und klimaneutral. Es ist das weltweit ehrgeizigste Projekt zur Förderung der Öko-Energie. Bis 2012 sollen Verträge und Baupläne stehen, schon 2015 die ersten Solarkraftwerke.
Rein technisch betrachtet – so meinen Experten – ist Desertec eine gigantische Herausforderung, aber durchaus realisierbar. Neuartige Gleichspannungskabel verfrachten schon heute Elektroenergie nahezu verlustfrei über tausende Kilometer. Und im spanischen Almeria beweist das erste große solarthermische Kraftwerk: Die Technik ist ausgereift und auch finanzierbar. In China und in den USA entstehen ebenfalls neue.

Die wirklichen Stolpersteine sind geostrategischer Natur. Kritiker beklagen den Eurozentristischen Ansatz des Projekts. Nordafrikas Wüsten sind eben keine menschen- und herrenlosen Ödgebiete, die auf fremde Nutzer warten. Es gibt Eigentums-, Transit- und Nutzungsrechte, die auf faire Weise berücksichtigt und ausgehandelt werden müssen, sonst endet das Projekt als Fata Morgana oder schlimmer noch als Quelle neuer Konflikte und Stammesfehden. Nomaden und Wüstensöhne verehren das Sandmeer der Sahara als heimische Wildnis. Wird Desertec darauf Rücksicht nehmen und für Ausgleich sorgen? Die Desertec-Visionäre versprechen zwei Millionen Arbeitsplätze in den nordafrikanischen Standortländern Libyen, Algerien, Jordanien, Ägypten, Tunesien und Marokko und den Aufbau einer heimischen Solarkollektor-Industrie. Außerdem könnte der Strombedarf dieser Länder gleich mit gedeckt werden und zusätzliche Meerwasserentsalzungsanlagen auch noch die Wasserknappheit entschärfen – all das mit Frieden stiftender Wirkung in der Region.

Doch Entwicklungshelfer stellen große Fragen: Warum sollte Strom in teuren Leitungen aus Afrika Richtung Norden ins komplett elektrifizierte Europa fließen? Warum nicht nach Süden, wo doch in Ländern wie Uganda oder Kongo gerade fünf Prozent der Bevölkerung Strom haben? Ist es nicht die Wiederholung eines postkolonialen Alptraums: Der Norden sucht seine Rohstoffe im Süden, beutet sie aus, der Rest ist wurscht? Nur die entschlossene Elektrifizierung des gesamten afrikanischen Kontinents würde wirklich dauerhaft Millionen Arbeitsplätze schaffen und die Migration eindämmen. Nichts wäre fürs Weltklima gewonnen – argumentieren die Kritiker – wenn klimafreundlicher Strom nach Norden fließt, Afrikas wachsender Stromhunger aber weiter südlich mit Kohle gestillt wird.

Wie denkt die Öffentlichkeit in den betroffenen afrikanischen Ländern? Gerade in Marokko entwickelt sich als zartes Pflänzchen eine heimische Windkraftsparte. Wird Desertec als eine Konkurrenz oder Bedrohung empfunden? Ebenso plant Ägypten eigene Solarkraftwerke und bildet die zweite Generation Solar-Ingenieure an einem ehrgeizigen Lehrstuhl der Kairoer Universität aus. Kann Desertec neben Sonne und Strom auch Gerechtigkeit bringen?

Verleihung des Ernst-Schneider-Preises in Berlin