Viele Vögel sind schon weg

Als Kind vernahm Klaus Schmidt staunend das Meckern der „Himmelsziege“, – so nannten sie damals die Bekassine. Ging er des Sommers durchs reife Getreide, so stoben hunderte Haus- und Feldsperlinge in die Luft. Seinerzeit hing der Himmel voller singender Feldlerchen, und Riesenschwärme von Staren verdunkelten die Sonne. Ein Märchen? Keineswegs!

Der 67jährige Ornithologe dokumentiert seit 1966 penibel das Verschwinden der Vögel aus seinem Thüringischen Werratal. Heute sind die Feldfluren überall praktisch spatzenfrei. Dichtgrüne, aber lebensfeindliche Ackerwüste oder gedüngtes Grünland, ohne das wilde Blühen, das Insekten und Vögel so dringend brauchen.

Die Lage ist dramatisch. Deutschland hat seit 1800 vier Fünftel seines Vogelbestands verloren. Seit 1980 verschwanden europaweit 300 Millionen Brutpaare –  fast die Hälfte der gesamten Bestände in den Agrarlandschaften. Als 1962 der Ökothriller „Der stumme Frühling“ die Leser schockte, war DDT das Problem. Doch heutige Ackergifte wie die neuen Neonikotinoide sind 8000fach giftiger und dezimieren drastisch die Nahrung für Vögel.

Die deutsche Naturschutzpolitik steht vor einem Fiasko. Statt gemäß internationaler Abkommen den Artenschwund zu stoppen, schlittern wir ungebremst in eine Katastrophe. Vögel waren jahrhundertelang Gradmesser für die Umweltgüte, Anzeiger für die Unversehrtheit unserer Lebensräume, die wir mit den Gefiederten teilen, für Böden und Wässer voll von Leben. Das Vogelsterben signalisiert so Gefahr für das gesamte Leben auf dem Planeten Erde, einschließlich des menschlichen Lebens. Ist unsere Biosphäre an den Grenzen ihrer zumutbaren Belastung angelangt? Das MDR Feature befragt renommierte Experten und aktive Naturschützer: Wie können wir unsere Vogelwelt retten?

MDR Hörfunk-Feature, Ausstrahlung zum Frühjahrsanfang 20187

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