Alles ist besser als Wegschauen – Der Seenotrettungsaktivist Harald Höppner

Feature MDR FIGARO 12.12.2015

Weil er dem Flüchtlings-Sterben im Mittelmeer nicht länger tatenlos zusehen wollte, hat der Brandenburger Unternehmer Harald Höppner mit Freunden das Projekt „Sea-Watch“ initiiert. Mit einem umgebauten Fischkutter leisten er und seine Crew seit Juni 2015 Nothilfe vor der Libyschen Küste. Autorin Heidi Mühlenberg hat die private Rettungsinitiative begleitet.

Es gibt auch Leute, denen das nahegeht und die sich dafür einsetzen möchten, die nicht fragen, ob oder wie viele Flüchtlinge jetzt nach Deutschland und nach Europa kommen, die sagen: Eh, wir möchten nicht, dass sowas nochmal passiert und wir möchten nicht, dass die Leute sterben. Wie wir sie dann verteilen und unterbringen, ist die nächste Frage. Die erste Frage ist erstmal: Leben retten. Fertig.

Harald Höppner

Die Sea Watch Crew besteht aus Freiwilligen, die für den jeweils zweiwöchigen Einsatz ihren Urlaub opfern. Die Berufe reichen von Arzt, Kapitän, Bordmechaniker, Feuerwehrmann bis zum Segelschul-Lehrer. Harald Höppner nennt sein Schiff eine schwimmende Telefonzelle mit Erste-Hilfe-Kasten. Die „Sea-Watch“ ist mit modernster Kommunikations- und Navigationstechnik und Medikamenten ausgestattet, hat aufblasbare Rettungsinseln, Rettungswesten und Trinkwasser an Bord. Trifft die „Sea-Watch“ auf ein Flüchtlingsboot, nehmen die Helfer vom kleineren Schnellboot aus den Erstkontakt mit den Flüchtlingen auf, verteilen Rettungswesten und Trinkwasser. Dieser Vorgang ist heikel. Wenn bei den Flüchtlingen Panik ausbricht, kann das Boot schnell kentern. Nach der Sichtung wird die Leitstelle für Seenotrettung (MRCC) in Rom informiert und ein größeres Schiff zur Bergung der Menschen angefordert.

Am Ende sind es 112, die aus dem Schlauchboot von vielleicht zwölf Metern Länge klettern. Beim Anblick des leeren Bootes kann ich das nicht fassen. Die Luftkammern sind leck, nur Stunden und das Boot wäre ein Opfer der Wellen. Als die Seeleute das Wrack genauer untersuchen, entdecken sie etwas Ungeheures: Die Schleuser hatten ihren „Kunden“ kein Benzin in die Reservetanks gefüllt, sondern ein unbrauchbares Gemisch aus Salzwasser, Chemikalien und Diesel. Niemals wären die Flüchtlinge damit lebend angekommen. Das Boot war ein schwimmender Sarg.

Heidi Mühlenberg: Alles ist besser als Wegschauen

Link zum MDR:

http://www.mdr.de/mdr-figaro/hoerspiel/feature/feature-harald-hoeppner100.html

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